Für meine Kundschaft immer wieder ein Thema. Mich sieht man viel mit Knotenhalfter, auch mal ganz ohne was und doch recht selten mit Gebiss am Pferd. Da entschuldigt sich dann der ein oder andere bei mir mal für das Metall im Mund seines Pferdes, könnte man doch auf die Idee kommen, ich bin genereller Gebisslos-Verfechter. Geht übrigens auch andersrum! Da wird dann nicht entschuldigt sondern beschuldigt. Dann bin ich so eine alternative Hippiereiterin und gefährde den öffentlichen Frieden und natürlich die Sicherheit Anderer durch meine gebisslose Reiterei.

Aber wie ist das denn nun, ist gebisslos gleich pferdefreundlich!? Und ist der Reiter ohne Metall im Mund seines Pferdes schon mal moralisch im Recht? Oder eben andersrum?
Nun, ich bin kein Verfechter! Weder vom einen noch vom anderen und weder Moral noch reiterliche Befindlichkeiten sollten hier eine Rolle spielen.
Ich bin eher für die gute Begründung einer Wahl.
Und die Begründung liegt für mich erstmal beim Pferd und seinen körperlichen Anlagen und seinen Möglichkeiten des Lernens.
Meine Ausbildungspferde werden in der Regel erst gebisslos mit Knotenhalfter, dann kurz mit einer Kombination von Gebiss und Knotenhalfter und dann auch nur mit Gebiss ausgebildet. Das mache ich so, weil der Druck des Knotenhalfters vom Pferd am Anfang besser anzunehmen ist, als das Gebiss. Mit dem Knotenhalfter erkläre ich schon einiges am Boden, was ich in der Folge einfach eins zu eins mit in den Sattel nehme. So hat das Pferd trotz der ungewohnten neuen Situation, mit mir als Fracht auf dem Rücken, zum Teil schon gewohnte Hilfen mit denen wir uns gut verständigen können. Am Ende der Grundausbildung verstehen sie dann beides gut, sowohl gebisslos als auch Nicht-gebisslos. Dann ist es der Wahl des zukünftigen Reiters überlassen, wie er weiter machen möchte.
Im weiteren Ausbildungsverlauf reite ich meine Pferde trotzdem vor allem gebisslos, weil ich schlichtweg gerne gebisslos reite. Es ist außerdem ein Selbstversuch. Mich interessiert, wie weit ich mit meinen Pferden mit der gebisslosen Ausbildung komme. Welche Vor- und Nachteile ich entdecke. Am Ende sehe ich das Gebiss als sehr feines Kommunikationsmittel und Hilfsmittel für Reiter und Pferd, das ich mir gern lange aufspare, zum verfeinern und besseren erklären. Ich schätze das Gebiss zum Beispiel für die Möglichkeit durch Abkauübungen dem Pferd beim lösen des Kiefers zu helfen. So kann zum Beispiel eine korrekte Stellung doch leichter vermittelt werden als ohne das Gebiss. So nach dem Motto: „Guck mal hier, gib da mal so nach, das geht dann viel leichter.“
Statt also generell für das eine oder andere zu sein, sollte jeder Reiter für sich prüfen, wie er ein „Hilfmittel“ wie das Gebiss handhabt. Das bedeutet, dass ich die Wirkung kenne und weiß, was ich damit erreichen möchte und warum. Ist dieses Ziel auch ein pferdefreundliches Ziel? Mich vielleicht dann auch gegen ein bestimmtes Hilfsmittel entscheide und einem anderen dem Vorzug gebe. Es gehört auch dazu, zu überlegen, ob ich reiterlich in der Lage bin, ein bestimmtes Hilfsmittel korrekt zu handhaben. Auch ein Reiter muss kandarrenreif sein, nicht nur das Pferd.
Es gibt also viel mehr Fragen, die unter Umständen noch interessanter sind, als eine moralische Frage nach gebisslos oder Nicht-Gebisslos. Und am Ende ist eine feine Hand am Gebiss sicherlich pferdefreundlicher als der Dauerzug auf einem gebisslosem Zaum, gleich welcher Art. Und ein gut mit dem Knotenhalfter ausgebildetes Pferd ist im Gelände sicherer zu reiten als ein Pferd, das das Gebiss schlecht verstanden hat und sich gegen die reiterliche Einwirkung wehrt.

Ich halte es da also mit Bent Branderup:

„Dass viele das Werkzeug nicht bedienen können, das können wir ja dem Werkzeug nicht vorwerfen“